16.05.2021 17:44

Trostlos! - „Daheim“ von Judith Hermann

Büchernörgelei hat als Motto „Wir nörgeln nicht, wir loben nur!“ Das ist auch der Grund, warum ich ab und zu zwar ein Buch vollständig gelesen habe, auch wenn es mir schwerfiel, es aber nicht besprochen habe. Vielleicht war das Buch nur nicht nach meinem Geschmack und es gibt Leserinnen und Leser, denen es gefällt. Aber wenn mir ein Buch nicht gefällt, weil es holperig daher kommt oder weil es eine Aufzählung von unsäglichen menschlichen, pseudoerotischen Verhaltensweisen ist, ist selbst veröffentlichte Kritik unter Umständen verkaufsfördernd.
„Daheim“ ist ein Buch, das es mir schwer machte, es bis zum Ende zu lesen. Es hat mich nie erreicht! Der Grund ist folgender: Wenn es die Absicht von Frau Hermann war, die grauen Seiten von Landschaft und Leben an der Nordseeküste in eine anödende, trostlose Stimmung beim Leser umzusetzen, dann war sie erfolgreich.

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Eine Frau mittleren Alters gibt ihrer Antriebslosigkeit nach und begibt sich in eine Art Einsiedelei irgendwo im Norden hinter einem Deich. Sie treibt im Leben, wie es die auf Rahmen gezogene Leinwände ihrer Bekannten Mimi dort im Meer tun. Das, was das Meer, der Sand und ab und zu mal ein Meerestier darauf an Spuren hinterlassen haben, ist Mimis Kunst. Wenn man hinschaut, ist es fast nichts. Und fast nichts ergibt sich auch aus dem Treiben der Protagonistin. Das, was sie tut, ist belanglos. Ob sie es tut oder lässt, hinterlässt nichts bei mir außer die Farbe Grau im Kopf. Selbst der Sex, der im Buch vereinzelt vorkommt, ist so nüchtern, trostlos, lapidar und ohne Wirkung zu hinterlassen, wie das Leben dieser Frau, deren Namen entweder nicht genannt wird oder den ich sofort vergessen habe.
Es gibt sicher Leser und Leserinnen, denen es gefällt, „herunter gezogen“ zu werden. Mir gefällt es nicht.
Ich hatte ständig ein Bild im Kopf, von britischen Krimisendungen, die man sofort als solche erkennt, weil sie immer so erscheinen, als wären sie Schwarzweiß-Filme, auch wenn sie farbig sind. Diese Trostlosigkeit habe ich die ganze Zeit gespürt, während ich das Buch gelesen habe und immer hing für mich der Geruch von Schweinemist und Gülle über der Szenerie.
Es mag zur Zeit preiswürdig sein, Trostlosigkeit in Worte zu bringen und die Assoziationen beim Leser zu schaffen, die ich hatte. Vielleicht bekommt das Buch auch einen Preis. Das würde mich noch misstrauischer gegenüber preisgekrönten Büchern machen, als ich es bin.