14.03.2018 20:00

Gastkommentar von Marco Toccato "Wie eine Träne im Ozean" das Leid der Selfpublisher

Waren Sie schon mal auf der Frankfurter- oder der Leipziger-Buchmesse? Da werden Sie erschlagen von Werbung, Plakaten, Ständen mit Spruchbändern und Veranstaltungen auf denen Sie immer dieselben Namen lesen, Namen von Autoren, die sowieso schon von selbst Bücher verkaufen.

[In der Blog-Übersicht wird hier ein Weiterlesen-Link angezeigt]

Ob jemand wie Sebastian Fitzek beworben wird oder nicht, ist völlig egal. Ein Hinweis z. B. in der Tagespresse, dass sein neues Buch verkäuflich ist, reicht aus, damit die Buchhandlungen gestürmt werden, wo im Eingangsbereich sicher eine Palette mit ein paar Hundert Büchern von ihm steht. Nichts gegen Sebastian Fitzek, ich lese seine Bücher sehr gerne und bewundere immer wieder, wie er Spannung schafft! Aber er ist zur Zeit sicher der meistverkaufte Autor in Deutschland. Er, wie andere, die automatisch auf die Bestsellerlisten kommen, hat Werbung im üblichen Sinne überhaupt nicht nötig!

Liebe Verlage, macht Werbung für die, die in der zweiten Reihe stehen! ihr könntet zusätzlich zu den Rennern, die sowieso weggehen, noch Bücher anderer Könner verkaufen.

Aber auf den Messen sehen Sie auch in den Regalen Bücher über Bücher, die nicht beworben werden, von Autoren, die bei renommierten Verlagen fest in Lohn und Brot stehen. Das sind sicher so an die 40 bis 50tausend Bücher, die auch nicht unbedingt gut verkauft werden. Wer sagt, dass darunter nicht einer ist, der ähnlich spannende Bücher wie Herr Fitzek schreibt? Jedoch sie werden nicht wahrgenommen, weder von Ihnen noch von mir.

Warum nicht? Weil der Hype ausbleibt!

Und es gibt auch noch kleinere Verlage, die sich keine teure Werbung leisten können, mal ganz abgesehen von den Verlagen, die gegen viel Geld Autoren zum gedruckten Buch verhelfen. Das sind zusammen sicher auch noch an die 20 bis 30tausend Bücher von lauter enttäuschten Kreativen!

So und nun, ganz weit hinten und unter "ferner liefen" kommen wir, die Paria des Literaturgeschäfts, die Selfpublisher. Da gibt es doch tatsächlich Menschen, die wollen nicht ihre Werke durch die "Wurstmaschinen" der Verlage in die lektoriell geformten "Standarddärme" pressen lassen, wollen nicht eine "vermeintlich angesagte Streamline" für ihre Bücher verpasst bekommen, sondern einfach nur schreiben und sich ausdrücken. Fantasten? Spinner? Selbstüberschätzer? Nein, wenigstens eine oder einer davon hat ein Kunstwerk geschaffen und keiner merkt es! Das ist doch schade oder nicht? ***

Jedes Jahr erscheinen im deutschsprachigen Raum an die 100tausend neue Bücher und wahrgenommen werden nur wenige, nur die, die mit viel Budget hochgepusht werden. Also ist mein jährliches Büchlein "wie eine Träne im Ozean" (Buchtitel von Manès Sperber - kennt kaum noch einer)!

Ja, es stimmt, da gibt es Werke, die ärgern den Leser und vor allem mich, weil sie schlecht aussehen oder vor Fehlern strotzen, das würde bei einem Verlag nicht passieren oder weniger schlimm. Trotzdem kann man sicher sein, dass es auch unter den Selbstveröffentlichern welche gibt, die Lesenswertes herausbringen. Doch Selfpublisher schaffen es nicht einmal mit einer Randnotiz in die örtliche Tageszeitung oder z. B. in die dafür vorhandene Rubrik des monatlichen IHK-Magazins (auch wenn der Autor IHK-Beiträge zahlt), noch nicht mal dann, wenn sie über die eigenen Stadt schreiben (ich weiß wovon ich hier schreibe!).

In den Redaktionen geht man den Weg des geringsten Widerstands und der kleinsten Arbeit! Man bespricht und preist Bücher zum 237. Mal an, die bereits die Bestsellerliste beim SPIEGEL oder sonst wo rauf und runter sind, das macht keine Arbeit, ist risikolos, man kann vielleicht irgendwo vorhandene Rezensionen "nachempfinden" und damit weiter dieselbe Suppe nochmal aufrühren, aber so, dass immer dieselben Fettaugen oben bleiben!

Kolleginnen und Kollegen die ihr selbst veröffentlicht, geht es euch wie mir? Träumt auch ihr von dem Kritiker / der Kritikerin oder dem Journalisten / der Journalistin, die / der sich mal was traut und ein Buch in die Hand nimmt, auf dem ein "kleiner Name" steht, von einem oder einer, der oder die sich die Zeit nimmt, mal etwas Neues zu entdecken und die oder der dann auch noch das "Kreuz" hat, dazu was in seinem / ihrem Medium zu bringen? Einen kenne ich, doch der arbeitet leider nur für ein wöchentliches Anzeigenblatt (er weiß, dass ich ihn meine, nicht wahr, Herr N. F.?), wo es vor allem um die Sonderangebote geht, obwohl darin tolle redaktionelle Beiträge sind.

Liebe Buchhändler/innen, was halten Sie davon, ein kleines Eckchen in einem Regal frei zu räumen, um dort Werke aus dem Selbstverlag zum Kauf anzubieten, Lesungen mit solchen Sonderlingen zu veranstalten oder sogar deren Bücher Ihren Kunden zu empfehlen? Das wäre mutig!

So! Das musste mal raus! Vielleicht liest es sogar jemand oder es nimmt jemand ernst? Das wäre schön!

*** Klar bin ich von meinen Geschichten überzeugt, aber ich bin sicher, dass es bessere Schreiber gibt, als ich es bin!