14.04.2021 15:00

"Lebenslänglich" von Brigitte van Hattem

Auch wenn ich hier hoffentlich professionell und hilfreich für interessierte Büchersuchende rezensiere, muss ich Ihnen gestehen, dass ich noch lieber schreibe. Ja, ich meine, dass mir auch das gut von der Hand geht. Nicht immer wird das von Anderen auch so gesehen, aber genau wie vieles andere auch sind Bücher Geschmacksache oder?

Und da kommt Brigitte van Hattem ins Spiel (sie mag übrigens meinen Schreibstil überhaupt nicht!) mit ihrem neuen Buch „Lebenslänglich“, aber nun bin ich schon bei der letzten Kurzgeschichte in dieser schönen Sammlung teilweise sehr süffisanter Krimis(?). Also von Anfang an:

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Schon bei der ersten Geschichte, die von einem Todesfall einer älteren Dame handelt, die mit einem jüngeren Gigolo zusammen wohnte, verblüffte mich vor allem die Sachkenntnisse über die Abläufe in Polizeirevier und -präsidium. Es scheint ("scheint" weil ich nicht genügend Wissen dazu habe) sehr gut recherchiert zu sein beziehungsweise hatte ich den Eindruck, dass die Autorin mal bei der Polizei hospitiert hat. Ganz anders als andere Kriminalgeschichten wird hier weder das Happy End noch eine zufriedenstellende Aufklärung geliefert. Ich finde das in Ordnung, denn so ist das Leben.

Die zweite Geschichte wiederum scheint mit dem Know How einer Juristin geschrieben zu sein. Ein junger Poser hat sich ein Autorennen mit einem anderen jungen Poser geliefert und dabei einen unbeteiligten Autofahrer getötet. Schön wird geschildert, wie der Täter(?) meint, dass das kein Mord sein könne. Mehr erfahren Sie, wenn Sie die Geschichte selbst lesen.

Wieder geht es in der dritten Geschichte um „Mord und Totschlag“. Eine junge Konditorin erschafft eine „Champagnertorte“ zum Geburtstag ihres Cousins. Es stellt sich heraus, dass das die Lieblingstorte einer Ex des Cousins ist, die prominent ist, weil sie eine Journalistin ist, deren Meinung Gewicht hat, was die Geschehnisse der Upper Few in Stadt und Landkreis angeht. Es heißt, sie liebe Frauen! Durch die Torte und weil die Journalistin sehr anziehend trotz fortgeschrittenen Alters ist, entdeckt die junge Konditorin ihre lesbische Seite. Sie verliebt sich in die ältere Frau. Tapsig bis belästigend versucht sie sich ihr zu nähern und dann passiert es …

Ein „Wiener in Köln“ verblüfft wieder durch die hohe Sachkenntnis. In einem Aufnahmestudio bahnt sich ein Drama an. Ein Profi, Eberhard Klein arbeitet an einem Tonwerbespot. Eine junge gut aussehende Frau stellt sich im Studio vor. Sie ist die neue Kontaktperson zu einem anderen Geschäftspartner. Der kaufmännische Chef von Klein gilt als übergriffig und schon früh ahnt Klein, dass sich etwas anbahnt. Soll er eingreifen? Greift er ein?

Zwei „Freundinnen“ haben sich aus den Augen verloren. Sie haben sich gegenseitig bei Singlepartys gestützt, was gut war, denn es lief nicht so richtig. Als endlich der passende Mann erschien, waren beide interessiert und eine von beiden, war mit einem Trick erfolgreich. Die Geschichte spielt zu Zeiten von Covid-19 und die, die unterlag ist promovierte Biologin und arbeitet an Gegenmitteln, wobei sie Zugang zu Virenstämmen hat, um sie bekämpfen zu können. Trotz alledem nimmt sie nun wieder „um der alten Zeiten willen“ Kontakt zur Freundin auf. Sie verabreden sich zu einem Spaziergang in einem Naturschutzgebiet. Sie hat sogar ein Geschenk für die Freundin, die Asthma hat, ein Spray zur Linderung der Beschwerden. Die Asthmatikerin kann der Biologin kaum folgen. An einem Rastpunkt wartet die eine auf die andere und sie machen eine Pause, die unerwartet endet …

Gefallen hat mir „Tod eines Diabetikers“. Darin wird subtil die Mordlust - selbst bezogen auf nahestehende Personen wie zum Beispiel den/ie eigene/n Ehepartner*in - in uns allen, thematisiert. ... Ehrlich? Sie wollten noch nie morden, auch keinen ganz kleinen Moment lang? Lesen Sie trotzdem weiter.

Die Geschichte über einen Maine Coon Kater ist überhaupt nicht meine Sache. Das Tier wird mir zu sehr vermenschlicht, aber wie oben schon bemerkt, fällt das unter den Oberbegriff Geschmacksache. Sie wissen ja Männer und Katzen!

Doch „Nuss - Kuss - Schluss“ ist wieder eine nachzuvollziehende Erzählung über eine erfolgreichen Romance-Literatin, die sich im Krimi-Genre versucht und von einer Art Ober-Krimi-Literatin abweisend beschieden wird. Damit bin ich bei meinen Eingangsworten. Die Seiten 118 und 119 beschreiben dabei nicht nur, wie die Protagonistin an ein Buchprojekt herangeht, sondern auch, wie ich es tue (das haben Brigitte van Hattem und ich gemeinsam), was aber der Krimi-Guru*rin gar nicht gefällt. Und das führt zu …

Schöne Geschichten, Erzählungen und Romanen, die nicht landläufige Krimis oder gar Thriller sind, weil sie weniger mit Spannungserzeugung oder dunkler Atmosphäre gespickt sind. Das mag zur Zeit nicht comme il faut sein, die Geschichtchen sind nicht spannend, aber mir gefällt das trotzdem.


„Lebenslänglich“ von Brigitte van Hatten
ISBN: 978-3-7534-0886-6
136 Seiten