09.02.2022 16:35

"Molche" von Volker Widmann

Es war tatsächlich das Buch, das ich erwartet hatte. In meinem Alter liest man gerne Geschichten, die die Jungenzeit eines Gleichaltrigen beschreiben. 

Ein Junge, namens Max zieht mit Eltern und Bruder in eine ländliche Gegend. Es ist die Zeit der 50er und 60er Jahre in Deutschland. Man sieht noch viele Kriegsversehrte auf den Straßen und viele Frauen warten auf ihre Männer, die vermisst oder in Kriegsgefangenschaft sind.

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Die Jungen sind wagemutig und manchmal brutal. Sie leben von den Erwachsenen unbeobachtet in Bereichen ihrer Heimat, die nicht ungefährlich sind, auf Industriebrachen, in Trümmern, in Wäldern und auf der Straße. Deren "Spielplätze" wären unglaublich für heutige, hochbesorgte Eltern. Es war so und es passierte Gott sei Dank wenig Schlimmes, anders als im Buch.

Max und sein Bruder sind Außenseiter, weil sie aus der Stadt hergezogen sind. Es gibt eine Bande, die der brutale Tschernik anführt. Er tobt sich an anderen Kindern aus, weil er das an seinem Vater nicht kann, der ihn regelmäßig verprügelt. Eines Tages stellt seine Bande Max' Bruder und steinigt ihn, sie werfen ihn mit Steinen tot. Max sieht das mit an und kann nichts dagegen tun. Das wird ein Trauma für ihn. Immer wieder sieht er seinen Bruder im Geiste und dessen Sachen in dem gemeinsamen Zimmer zuhause erinnern ihn ständig daran, dass er tot ist und niemand hat ihm geholfen, auch Max nicht.Die Erwachsenen gehen der Sache nicht nach. Max' Bruder hatte ein schwaches Herz und daran wird er wohl gestorben sein, ist die Sprachregelung. Nur die Kinder wissen, dass es anders war.

Max' Leben wird besser, als er zwei Freunde findet und er Marga trifft. Die und weitere Kinder beschließen etwas gegen Tscherniks Regime zu unternehmen. 

Mich hat das Buch in meine Jugend versetzt. Es ist zum Teil sehr schön, wie Widmann den Wald, den Bach und das Licht des Tages beschreibt. Manchmal sind es Mammutsätze, die man mehrfach lesen und in Teile zerlegen muss, um sie zu verstehen. Zum Ende hin wechselt der/die Ich-Erzähler*in. Mal ist es Max, wie bisher und dann plötzlich Marga. Das verwirrt! Das ist so ziemlich das Einzige, was verbesserungsfähig wäre.